Auch so einer aus der großen Talentschmiede von GWD Minden.
Vor kurzer Zeit berichtete eine große deutsche Tageszeitung über Mindens Justus Richtzenhain. Hier in Minden und in Handballkreisen ist Justus gut bekannt. Aber dort wurde von einem Vertragsangebot aus Hamburg berichtet. Inzwischen bin nicht nur ich ziemlich froh, dass Justus seinen auslaufenden Vertrag bei GWD Minden längst verlängert hat. Und diese Meldung zumindest nur ein Gerücht war.
Hier gibt es Infos zu Justus aus erster Hand, die wirklich wahr sind. Wir haben lange gesprochen über die Gründe für seine Vertragsverlängerung. Seine weiteren Pläne mit GWD Minden und sein Verhältnis zu Frank Carstens. Aber auch darüber, wo seine berufliche Zukunft liegt und wie die Corona-Pandemie auch ihn beeinflusst hat.
Seine Anfänge
Schon mit 3 1/2 Jahren ist er bei den Super-Minis von GWD Minden mit dem Handball angefangen. Und jetzt, mit 22 Jahren, ist Justus gar nicht mehr aus dem GWD-Team wegzudenken. Mit viel Fleiß und Schweiß hat er sich ans Profi-Team herangekämpft. Und Frank Carstens kann sich immer auf ihn verlassen.
Ich war nie ein talentierter Fußballer, deshalb war Handball meine erste und einzige Wahl.
Über sein Fußballtalent. Mats Korte behauptet diesen Titel übrigens für sich. Da könnte man mal eine Battle starten. GWD sucht seinen schlechtesten Fußballer.
Seine Eltern haben ihn damals direkt beim Handball angemeldet, da der Fußball nicht so seine Sache war. An seine Anfangszeit erinnert er sich sehr gerne. Christopher Kunisch hat ihn in der E-Jugend trainiert. Auch Andreas Simon schaute bei einer Trainingseinheit vorbei, der ganz wertvolle Tipps dabei hatte.
Wenn ihr euch immer schön dehnt, dann werdet ihr auch genauso groß wie ich.
Andreas Simon bei einer Mini-Trainingseinheit. Guter Tipp! Inzwischen ist Justus um einiges größer als Andreas
Mit der D-Jugend holte Justus seinen ersten Titel. Auf diese Kreismeisterschaft ist er ganz besonders stolz und muss natürlich unbedingt erwähnt werden. In der B-Jugend folgte der Westfalenmeistertitel. Ein Jahr später die westdeutsche Meisterschaft mit der A-Jugend. Bei den deutschen Meisterschaften gab es dann jeweils das Aus im Viertel-und Halbfinale. Die Meisterschaftsspiele in der Jugend waren für ihn ein absolutes Highlight.
Wir haben vor vielen Zuschauern in Flensburg, Eisenach, Leipzig und Balingen gespielt. Man fühlt sich da direkt dichter dran am Profisport, als man eigentlich ist. Es ist ein total geiles Gefühl, so etwas zu erleben.
Über seine Jugendzeit






Bilder privat und von Petra Damberg aus den Jahren 2015-2017
Kreisläufer-warum eigentlich?
Bis zur D1-Jugend hat er noch im Rückraum und auf der Mitte gespielt, wie so viele Handballer. Aber irgendwann fehlte seiner Mannschaft ein Kreisläufer. Also musste Justus an den Kreis, weil er der größte und kräftigste Spieler war. Inzwischen hat sich das als eine nicht ganz so schlechte Idee erwiesen. Zwischendurch hat er noch mal kurz die Hoffnung gehabt, in den Rückraum zurückzukehren, aber mittlerweile möchte er seine Kreisläuferposition nicht mehr abgeben. Seit dieser Zeit ist Bjarte Myrhol sein Vorbild.
Für ihn liegt der Reiz dieser Position vor allem im Stellungsspiel. Zweikämpfe am Kreis sind nicht so sein Ding. Die Schnelligkeit und das Auge für Räume hat er sich von Magnus Gullerud abschauen können. Das Beste am Ganzen für ihn ist, wenn man frei vor dem Tor ist. Diese 1:1 Duelle, die Ruhe zu bewahren und den Torhüter ausgucken.
Wenn man bei GWD ist, hat man dann automatisch den Wunsch, Bundesliga zu spielen?
Je näher er an den Leistungssport herangeführt wurde, umso mehr „Blut“ hat er geleckt. Ab der B-Jugend ging sein Blick schon mal zum Profisport rüber. Ein gewisses Talent hatte man dem passionierten Angler immer mal nachgesagt. Ab dem zweiten Jahr A-Jugend wurde es auch für ihn absehbar.
Parallel zum Sport studiert er Mediendesign als Fernstudium.
Handball spielt man nicht ewig und man verdient auch nicht wie im Fußball. Und so mache ich ein Studium als Mediendesigner, als zweites Standbein neben dem Sport.
Justus über seine Pläne nach dem Handball
Seine Ziele für die nächste Zeit
Erst mal gut durchkommen ohne weitere Verletzungen. Und mit GWD einen erfolgreichen zweiten Teil der Saison spielen. Möglichst schnell nichts mehr mit dem Abstieg zu tun zu haben. Auch möchte er sich weiterentwickeln und etablieren. In der nächsten Saison will er an sich arbeiten und seiner Mannschaft weiterhin hilfreich sein, indem er facettenreich und vielseitig einsetzbar ist.
Die Kampa-Halle steht leer
Die Kampa-Halle ist immer noch der Treffpunkt für das GWD-Team bei Auswärtsspielen. Und jedes Mal die leer stehende Halle mit den Pappfiguren von Marian Michalczik und Espen Christensen im Eingang zu sehen, das ist schon traurig und ein seltsames Gefühl dort nicht reinzudürfen.
Die Kreissporthalle Lübbecke ist jetzt Heimspielstätte
Anfangs war es für ihn komisch, denn er ist mit der Kampa-Halle groß geworden. Und Lübbecke kannte er nur als Auswärtsspiel. Aber mit der super Stimmung der Zuschauer hat auch er sich daran gewöhnt. Es ist aber nicht dasselbe wie die eigene Heimspielhalle. Sollte die Mindener Halle wirklich in dieser Saison wieder geöffnet werden, würde sich das ganze Team drüber freuen. Aber er vergisst auch nicht, dass den Gegebenheiten entsprechend die Halle in Lübbecke ein guter Ersatz ist.
Und dann kam der Saisonabbruch
Gerade hatte man sich mit Lübbecke arrangiert, da schlug die Corona-Pandemie zu. Wie geht man als junger Spieler damit um? Eigentlich wurde das gesamte Team aus seiner Vorbereitung herausgerissen. Alles war so neu, die Infektionszahlen gingen hoch. Erst wurde nur das Spiel abgesagt, dann der gesamte Spielbetrieb eingestellt. Zwei Monate hat er seine Mannschaftskollegen gar nicht gesehen, Trainingspläne und Trainingsequipment gab es für zu Hause. Das gesamte Team wurde mitten aus dem Spielbetrieb gerissen, man hatte keinen Abschluss. Vor allem war es auch mental ein Problem.
Darauf folgte die längste Vorbereitung überhaupt von Mai bis Oktober mit einer kurzen Unterbrechung. Aber für Justus war es eine viel zu lange Zeit, aber er sieht auch dort etwas Positives. Man konnte sich mit den neuen Spielern wenigstens gut einspielen. Eigentlich wollten alle wieder anfangen zu spielen.
Auch wenn es jetzt ohne Zuschauer ein Gefühl ist, das man schlecht beschreiben kann. Denn eigentlich spielt er lieber vor und mit den Zuschauern.
Die Halle ist still. Aber man muss trotzdem in dieselbe Motivation und Spannung kommen, wie man sonst über die Atmosphäre kommt. Man gewöhnt sich zwar dran, aber es ist nie dasselbe, wenn man Zuschauer dabei hat.
Über das Spielen in der leeren Halle
Aber eins vergisst er nicht, Dankbarkeit
Dankbarkeit dafür, das er und die anderen Spieler ihren Beruf voll ausüben können. Und das man trotzdem einen Weg gefunden hat weiterzuspielen. Auch wenn alles etwas anders ist.
Die Vertragsverlängerung
Die Entscheidung, meinen Vertrag zu verlängern, war eine Entscheidung, die von Herzen kam. Die nach ein paar Mal drüber schlafen ,ganz leicht gefallen ist, weil ich hier in einer guten Situation bin. Sei es mit Trainer, Mannschaft und der Art, wie mit jungen Spielern gearbeitet wird.
Über seine Vertragsverlängerung
GWD hat es in der letzten Zeit immer geschafft, mit einer jungen Mannschaft halbwegs durch die Liga zu kämpfen. Hier wird super mit jüngeren Spielern gearbeitet. Die jüngsten Beispiele dafür sind Marian und Juri. Aber auch mit Magnus Gullerud kam ein junger Spieler nach Minden, der jetzt in Magdeburg spielt.
Ich habe immer bei GWD gespielt, bin geboren in Minden. Ich fühle mich hier wohl. Ich fühle mich in diesem Verein wohl. Für mich ist das eine gute Gesamtsituation. Man kennt die Stadt. Meine Familie und Freunde sind hier.
Da kann man nichts hinzufügen







Fotos by Nadine Hoppmann
Und mit Frank Carstens hat Justus und auch der ganze Verein den richtigen Trainer. Seitdem Frank Carstens hier ist, haben es mehr Jugendspieler in den Bundesligakader geschafft als in 15 Jahren davor. Und auch seine größten Entwicklungsschritte hat Justus unter ihm gemacht. Frank hat immer ein offenes Ohr für seine Talente und fördert sie, was oft über das normale Engagement eines Bundesliga-Trainers hinausgeht. Und genau deshalb gehören auch für Justus die legendären Auszeiten von Frank Carstens dazu. Sie rütteln wach und böse nimmt er es ihm auf keinen Fall. Es besteht für alle ein so großes Vertrauensverhältnis zu Frank, das es Sachen gibt, die gesagt werden können.
Frank war für mich ein großer Grund, meinen Vertrag zu verlängern. Ich habe mich unter ihm weiterentwickelt und da geht noch mehr. Die Arbeit, die Frank mit uns jungen Spielern macht, muss man hoch anerkennen.
Justus über seinen Trainer
Und jetzt ab ins Kreuzverhör:
Kaffee oder Tee? Kaffee
Ketchup oder Mayo? Mayo
Burger oder Pasta? Burger
Wasser oder Cola Wasser
Bier oder Sekt? kein Alkohol
Playstation oder X-Box? Playstation
Abwehr oder Angriff? Angriff
Tempogegenstoß oder lass die anderen laufen? lieber die anderen laufen lassen
Halle oder Sand? Halle
Liga oder Pokal? Liga
Krafttraining oder Lauftraining? Krafttraining
Trickwurf oder knapp am Kopf vorbei? im Spiel eher knapp am Kopf vorbei
Vielen Dank für das Gespräch Justus!
Titelbild by Angela Metge