Leoni Oehme ist 23 Jahre jung und eine unheimlich erfolgreiche junge Handballspielerin gewesen. Bis eine schwere chronische Patellasehnenentzündung und ein Meniskusschaden ihre Karriere viel zu schnell beendet hat. Lange hat sie mit Schmerzen im Knie gespielt. Lange hat sie gedacht, dass es doch wieder besser werden muss. Aber es wurde nicht besser und sie hängte die Handballschuhe an den Nagel.
Für einen jungen Menschen, der sein bisheriges Leben auf den Handball ausgerichtet hat, ist das eigentlich nur schwer zu akzeptieren. Wie war das für die junge Frau, die gerade erst einen Vertrag bei Borussia Dortmund unterschrieben hatte?
Da müssen doch Welten für sie zusammengebrochen sein. In unserem Gespräch erlebe ich aber eine sehr abgeklärte Leoni. Sie ist mit sich im Reinen, wie man so schön sagt. Wir sprachen über ihren schnellen Aufstieg, die Schmerzen, das Karriereende und die Rückkehr zum Handball. Irgendwie geht es doch nicht ohne.
Die Anfänge
Zum Handball gekommen ist sie natürlich durch ihre Eltern. Mutter Claudia und Vater Thomas waren selbst erfolgreiche Handballer. Vielen Mindenern wird vor allem Thomas noch bekannt sein aus seiner GWD Minden Zeit.

Und genau zu dieser Zeit ist sie ihre ersten Schritte in Pampersbuchse über Handballfeld gelaufen. Im Alter von 6 Jahren ist sie aber erst mit dem Handballspielen angefangen. Der TuS Barkhausen war ihr erster Verein. Aber sie hatte auch eine andere Leidenschaft, das Tanzen, Ballett und Hip Hop. Ihre Eltern haben sie aber nie zu einer Handball-Karriere gedrängt.
Aber bei Leoni siegte der Handball und es ging schnell hoch hinaus
Zur C-Jugend-Zeit ist sie zum HSV Minden-Nord gewechselt. Und das hat sie Christoph Fahrenberg zu verdanken, denn eigentlich war Leoni da noch viel zu schüchtern. Letztendlich traute sie sich den Wechsel dann zu. Und auch da zeigte sich Leonis Talent schnell. Denn in der B-Jugendzeit half sie schon früh in A-Jugend und 1. Frauen aus. Und ihr sportliches Highlight damals war mit gerade 16 Jahren in der 1. Frauen Mannschaft gegen den TSV Hahlen zu spielen.
Mit 14/15 Jahren ging sie ins Westfalen-Auswahl-Stützpunktraining in der Kampa-Halle 2. Ihre Schüchternheit und ein Knorpelschaden im Sprunggelenk verhinderten aber den ein oder anderen Lehrgang. Mit Franzi Höppe ging es einmal die Woche zum DHB-Stützpunkt-Training nach Blomberg. Und auch bei der HSG Blomberg-Lippe entdeckten sie Leonis Talent. Nach einem Testspiel von Minden-Nord in Blomberg lud Björn Piontek sie dann zu einer Probewoche ein.



Da ich aber immer sehr schnell Heimweh bekomme, war für mich klar, dass ich nicht ins Internat möchte.
Leoni ein Wohlfühl-Familienmensch
Der Wechsel nach Blomberg war von 0 auf 100 und nebenbei noch das Abi gemacht
Leoni musste also pendeln. Was ja auch für ihre Eltern bedeutete, dass sie sie fahren mussten. Viermal die Woche Training nebenbei noch das Abitur abgelegt. Das Trainingspensum war sehr hoch, aber sie hat auch enorm viel gelernt. In ihrer A-Jugendzeit und in der Drittliga Mannschaft hat sie enorme Schritte nach vorn, auch mit Hilfe ihrer Trainer gemacht. Von ihren Mitspielerinnen Gordana Mitrovic und Alicia Stolle konnte sie immens profitieren. Blomberg hat sie vorzeitig verlassen, da war der Vertrag in Dortmund schon unterschrieben.
Die Weltmeisterschaft 2016 in Russland stand an, aber sie verletzte sich am Knie. Sie ließ sich operieren, aber für die Weltmeisterschaft reichte es dann nicht mehr. Auch weil das Knie sich immer mehr bemerkbar machte und sie schon im Alltag stark einschränkte.
… und weil ich auch im Kopf noch nicht so weit war. Ich war vom Kopf noch nicht bereit so eine Weltmeisterschaft zu spielen.
über ihre WM-Absage 2016
Die Vertragsauflösung in Dortmund – unvermeidbar leider!
Im Jahr 2016 mit 19 Jahren ging sie zu Borussia Dortmund. Borussia Dortmund ausgestattet mit einem perfekt organisierten Team, das selbst Blomberg in den Schatten stellte. Eine Professionalität für die ihr jetzt noch die Worte fehlen.

Die komplette Vorbereitung hatte sie in Dortmund noch mitgemacht. Aber die Patellasehnenentzündung erwischte sie mit voller Wucht. Alltägliche Dinge wie Auto fahren oder Treppen steigen wurden zur Qual.
Ich war 19 Jahre alt. Und im neuen Verein, da weißt du nicht, wie kommunizierst du das.
über ihre Verzweiflung
Borussia Dortmund hat dann alles versucht, das Knie wieder hinzukriegen. Sogar ein Spezialist in Augsburg gab ihr keine Hoffnung. Irgendwann war sie dann auch selber an dem Punkt angekommen, wo sie nicht mehr konnte. Es ging nicht mehr! Zu ihrer Trainerin Ildiko Barna bestand ein sehr großes Vertrauensverhältnis. Ildiko war wie eine 2. Mama für sie, auch als es um die Vertragsauflösung ging. Ildico hatte so großes Verständnis und hat Leoni unterstützt und versichert, dass ihr immer die Türen in Dortmund offenstehen. Genau das brauchte die verzweifelte Leoni auch. Die Bestätigung, das sie für sich die richtige Entscheidung getroffen hat.
Halt und Unterstützung nach dieser Entscheidung bekam sie von ihrer Familie und von ihrem damaligen Freund, der im Lemgoer Handball-Internat lebte. Aber sie hat sich auch selbst aufgefangen. Sobald sie Dortmund verließ, war der Druck weg. Sie hat auch nicht viel getrauert. Sie hat viel Zeit in Lemgo und somit auch beim Handball verbracht. So wurde ihr der Handball nicht weggenommen. Zwei Jahre ist sie jedes Wochenende in die Halle gegangen, weil sie das brauchte. Und für diese Unterstützung ist sie auch ihrem Ex-Freund sehr dankbar.
Inzwischen spielt sie sogar wieder Handball- einmal Handball immer Handball
Eigentlich brauchte sie ja den Handball nicht….. Aber da sie sich ja viel in Lemgo aufgehalten hat, und rund um sich rum alle Handball gespielt haben, ging sie dann mal zum Training mit. Und es hat ihr auf einmal voll Spaß gemacht. Aktuell spielt sie ganz bescheiden in der Oberliga in Bad Salzuflen. Und der Körper macht mit. Sie hat dort die beste Mannschaft der Welt gefunden (Das hören die Salzufler bestimmt gerne, oder?)

Sie studiert im normalen Leben BWL im 6. Semester in Lemgo an der technischen Hochschule und wird dieses Jahr ihren Bachelor machen. Sie kann sich gut vorstellen, dann in die Handelsbranche zu gehen.
Zum Schluss nochmal Werbung bitte für den Frauenhandball- der Sport ist so kraftvoll
Leoni findet den Unterschied zwischen Frauen und Herrenhandball übrigens gar nicht so gravierend. Der Trainingsaufwand und die Fahrtstrecken sind genau wie bei den Männern und müssen auch vieles vernachlässigen. In ihren Augen ist der Ball bei den Frauen sogar noch schneller vor allem bei Tempogegenstößen. Wenn das kein Grund ist, mal wieder in die Halle zu gehen (wenn man wieder darf).
Übrigens: Leoni ist ein Fan vom Mindener Handball Podcast frei.vor mit Lennart Wilken-Johannes. Aber wer ist das im Mühlenkreis nicht?
Vielen Dank für das Gespräch! Es hat mich sehr berührt mit dir zu sprechen! Ich habe eine tolle junge Frau kennengelernt, die mich sehr beeindruckt hat.
(Hier könnt ihr mein Gespräch mit Thomas Oehme nochmal nachlesen).
Fotos privat, HSG Blomberg, Borussia Dortmund Vielen Dank!