Als ich die Mühlenkreis-Interviews gestartet habe, war mir immer klar, auch die Ladys müssen zu Wort kommen. Da der Mühlenkreis aber inzwischen nicht mehr über eine Frauen-Bundesligamannschaft verfügt, habe ich mir zwei ehemalige Handballerinnen ausgesucht. Dunja Brand und Anika Ziercke von Eintracht Minden/Mindenerheide. Bei diesen beiden musste es auch unbedingt ein Doppelinterview werden. Lange haben wir ein persönliches Treffen, natürlich wegen der Corona-Pandemie vor uns hergeschoben. Ich wollte unbedingt die beiden kennenlernen. Leider klappte das nicht. Unser Gespräch ließ sich auch auf andere Weise führen.
Das Interview
Anika und Dunja!
Ich habe das Gefühl, es war erst gestern, wo ich euch bei Eintracht Minden zugesehen habe. Aber wenn ich es nachschlage, das war so ca. von 1996-2003.
Dunja ist als 17-Jährige schon in der Rückrunde der Saison 1988/1989 zu Eintracht Minden gestoßen. Ihre Trainerin Sigrid Bierbaum, die damals auch ihr Idol war. Die Saison 90/91 und 91/92 spielte sie bei Bayer Leverkusen. Europokalspiele in Kiew und in der Slowakei zählen da ganz klar zu ihren Highlights. 1992 folgte dann die Rückkehr zur Eintracht, wo sie auch bis 2003 spielte.
1996 wechselte Anika vom TV Mainzlar nach Minden. Im Oktober 1996 bestritt sie ihr erstes Länderspiel, 104 weitere folgten. 1997 gewann sie mit der deutschen Nationalmannschaft die Bronzemedaille bei der WM im eigenen Land.
2003 kam dann leider der Rückzug der Eintracht! Wie lief das ab?
Dunja: 2003 wären sie dann eigentlich in die 2. Bundesliga abgestiegen, aber es folgte der komplette Rückzug. Viele Spielerinnen wären auch bereit gewesen, für weniger Geld zu bleiben und in der Regionalliga zu spielen. An dieses Durcheinander und diese Vollkatastrophe kann sie sich noch gut erinnern. Nur 2 Tage nach Vertragsverlängerung kam die Nachricht, dass alles vorbei sei! Keine Diskussion. Zack, bum aus. Das war es mit der Eintracht.
So ganz genau kann sich Anika da gar nicht mehr dran erinnern. Es kam ziemlich überraschend. Und wir waren traurig und wir haben noch versucht, über Sponsoren Geld zusammen zubekommen. Leider hat das nicht geklappt. Aber sie war zu dem Zeitpunkt auch schwanger und sie hätte eh die nächste Saison nicht gespielt. Schön war es auf jeden Fall aber nicht.
Trainer Löffelmann! Plaudert mal aus dem Nähkästchen!
Dunja kann sich das Grinsen nicht verkneifen. Er ist ein sehr emotionaler Trainer mit interessanten Sprüchen und einem sehr hohen Motivationsgrad. Ihm war immer der soziale Aspekt wichtig. Er ist ein sehr geselliger und herzlicher Trainer. Er war immer für seine Spielerinnen da und war auch bei gegnerischen Spielerinnen sehr beliebt. Es war immer lustig beim Training, aber echt hart.
Löffel ist ein Unikum. Wer Löffel nicht kennt, hat die Welt verpennt
Dunja über HD Lö
Auch Anika nennt Löffelmann ein Unikum. Das Besondere an ihm als Trainer, dass er bei jedem Einzelnen von uns wusste, an welcher Stellschraube er drehen muss, um die beste Leistung herauszukitzeln. Bei der einen war es Zuckerbrot, bei der anderen war es Peitsche. Ein herzensguter Mensch, den man bei Tag und bei Nacht anrufen kann. Auch heute noch. Und sicherlich war er genauso so traurig wie alle anderen, als es mit der Eintracht zu Ende ging.
Er war immer voll dabei. Hat den Handball gelebt, hat das Spiel gelebt, hat mitgespielt. Hat uns angeschrien, hat uns gelobt, hat uns angebrüllt, hat den Gegner angebrüllt. Er hat mit den Schiedsrichtern, Zuschauern mit allen interagiert. Aber hinterher war immer alles gut. Er hat uns in den Arm genommen und gesagt, wie lieb er uns hat.
Anika über H.-D. Löffelmann
Und im Training hieß es immer nur Gas, Gas, Gas. Gefühlt sind wir fünfmal die Woche nur durch die Halle gerannt. Es war nur Rennerei. Was im Nachhinein ihnen zu Gute kam, da sie nach hinten raus mehr Körner hatten. Bei Löffelmann war immer: Alles, was geht! Bis man umgefallen ist, dann musste man halt zwei Minuten raus. Und das ist heute immer noch so bei ihr drin. Ball hinten erobern und Gas nach vorne.
Die Karriere nach dem Bundesliga-Rückzug
Für Dunja ging es dann von 2003 bis 2009 zu Stemmer/Friedewalde bzw. Minden Nord mit 2 Aufstiegen in die 2. Bundesliga und die Teilnahme an der Beachhandball-WM 2006 in Brasilien. Aktiv hat sie noch bis 2011 gespielt, in der zweiten Mannschaft von Stemmer/Friedewalde.
Für Anika ging es Anfang 2005 für 3 Monate nach Oberlübbe. Dann ging sie zu Stemmer/Friedewalde. Dort hat sie dann lange mit Dunja gespielt. Und auch sehr erfolgreich gespielt mit dem Aufstieg in die 2. Liga. Zwischendurch folgten nochmal Greven und Oberlübbe. Eigentlich hatte Anika 2010 mal so angedacht mit dem Handball aufzuhören (wir lachen beide). Weil sie sich mehr der Familie widmen wollte. Aber da beide Kinder da inzwischen in Kindergarten- und Schulalter waren, hatte sie wieder mehr Zeit. Und so ist es eigentlich nie zu einer längeren Pause gekommen. Und jetzt spielt sie in ihrer dritten Saison für TuS Petershagen-Lahde in der Oberliga. Und das macht ihr immer noch einen Riesen-Spaß. Auch ihre beiden Kinder spielen inzwischen Handball. Ihr Sohn spielt bei GWD Minden und ihre Tochter ist nach Blomberg gegangen.
Gekommen um zu bleiben – Heimat im Mühlenkreis
Dunja ist in Vlotho heimisch geworden. Beim Handball trifft man sie eher selten an. Sie verbringt lieber viel Zeit mit der Familie, Reisen zu unternehmen. Mountainbike und Ski fahren gehören zu ihrer absoluten Leidenschaft. Aber auch mit Wandern und Laufen hält sich fit.
Familie Ziercke fühlt sich wohl im Mühlenkreis. Anika ist seit 1996 und Aaron seit 1998 hier in Minden bzw. Ovenstädt.
Minden ist echt schön, vor allen nach hinten raus. Im Umland gibt es wirklich schöne Ecken.
Anika über ihre Heimat
Schaut ihr noch Live-Handball? In welchen Handballhallen kann man euch noch antreffen?
Kampahalle war immer unser Wohnzimmer, weil wir hier beide lange gespielt haben. Man hat immer Leute getroffen von früher. Bekannte von jetzt. Kampahalle war irgendwie schön.
Anika über ihr Wohnzimmer
Nach wie vor dreht sich bei Anika zu Hause alles um Handball. Aaron ist mit seinem Trainerjob auch viel mehr im Handball eingespannt als noch als Spieler. Und der Job des Trainers macht noch viel mehr Arbeit, als der Spieler hat. Als Aaron noch in Lübbecke Trainer war, hat sie versucht, jedes Spiel dabei zu sein. Auch das sie jetzt viele Frauen-Handballspiele streamen kann, das gefällt ihr sehr. In der Stemmeraner Halle trifft man sie auch noch so manches Mal an.
Ich gucke mir einfach gerne Handballspiele an. Weil ich den Sport einfach mega geil finde, nach wie vor.
Anika über den Handballsport
Und wie sieht es aus mit Freundschaften aus der aktiven Zeit?
Freundschaften hat Dunja viele in der Zeit geschlossen. Sei es Petra Cumplova die jetzt Khekova heißt und in Prag lebt. Auch trifft sich noch einen Eintracht-Stammtisch in eher unregelmäßigen Abständen. Dort freut sie sich immer auf Steffi Kreft jetzt Zopf, Lena Antal, Anika Ziercke oder Trainer Löffel. Auch zu ihrem ehemaligen Trainer Wolfgang Herz in Bielefeld hat sie noch engen Kontakt. Ob Claudia Niemeyer, Nadine Hallmann, Slawa Jerzierska, Heike Horstmann, Dunja könnte ewig so weiteraufzählen. Diese Freundschaften bestehen schon sehr lange.
Anika hat zwei ihrer besten Freundinnen in ihrer Mainzlarer Zeit kennengelernt. Ansonsten gibt es da noch die Eintracht-Oldies, eine Art Stammtisch, der wegen der Corona-Pandemie erstmal auf Eis gelegt ist.
Dieser Handball-Blog http://www.mein-handball-blog.com wird ab jetzt natürlich regelmäßig gelesen
Beide haben natürlich jetzt meinen Handball-Blog gelesen. Das ist schön. Anika hört manchmal den Handball-Podcast Hand aufs Harz. Aber genauso wie ich hört sie nur mal ab und zu rein.
Die BVB-Damen wurden nicht zum Meister ernannt…….
Auch Dunja findet es ungerecht und da gibt es ja immer viele Unterschiede im gesamten Leistungssport zwischen Frauen und Männern. Punkt um. Auch die Damen hätten es verdient gehabt, zum Meister ernannt zu werden.
Auch Anika hat es sich nicht erschlossen, warum bei den Männern der Meister gekürt wurde und bei den Frauen nicht. Auch das Argument, das Dortmund noch nicht so souverän geführt haben soll. Das war ja bei Kiel auch nicht der Fall. Total unfair und nicht gerechtfertigt.
Der Aufschrei, der durch die Medien ging, war viel zu leise dafür. Ich fand es super, wie die Mädels reagiert haben mit ihrer Plakataktion.
Anika über die Nichternennung des BVB zum Meister
